Wendelin Bitzan

Wendelin Bitzan

Ein bedenkliches Signal für die freie Musikszene

In einem Interview in der neuen musikzeitung, erschienen im März 2023, macht der Pianist und Hochschulprofessor Hans-Peter Stenzl in seiner Funktion als Vizepräsident des Deutschen Tonkünstlerverbands einige höchst fragwürdige Bemerkungen über das Musikstudium und die Interessenvertretung von Musiker:innen. Er stellt die Notwendigkeit politischen Engagements für Studierende in Frage und empfiehlt allen Ernstes, sich »frei von unternehmerischen Gedanken« vollständig auf künstlerische Vervollkommnung zu konzentrieren. Außerderm stellt er mehrere Sachverhalte bezüglich der aktuellen Initative des Deutschen Musikrats, die auf die Veröffentlichung einer Empfehlung zu fairen Vergütungen für freie Musikschaffende abzielt, falsch dar und verbreitet bedauerlicherweise Fehlinformationen über die betreffende Arbeitsgruppe und ihre Zielsetzung. Für den DTKV Berlin haben Simon Borutzki und ich einen Kommentar veröffentlicht, der Stenzls Positionen evaluiert und zu seinen Fehleinschätzungen Stellung nimmt – bitte hier weiterlesen.

Nachdenken über Jugend musiziert

Das erste Mal Jugend musiziert mit meinen Kids. Allzu viel hat sich nicht verändert in den 20 Jahren, seitdem ich selbst teilgenommen habe: Einige Instrumente und Kategorien sind hinzugekommen, es gibt Nachwuchs-Jurymitglieder, und die Anmeldung ist digitalisiert worden. Aber die Repertoirelisten sind immer noch nicht diverser, es sollen immer noch die Tonarten und ›Stilepochen‹ der Vortragsstücke angegeben werden, die Beratungsgespräche finden immer noch vor den Ergebnisbekanntgaben statt, und es werden immer noch fragwürdige Sonderpreise durch merkwürdige Personen und Organisationen verliehen. Wenn alles gut läuft und die Kinder und Jugendlichen einfühlsam durch Eltern, Lehrkräfte und Juror*innen begleitet werden, kann die Teilnahme gleichwohl eine schöne und inspirierende Erfahrung sein. Einige sehr beachtenswerte Gedanken zum Wettbewerb gibt es in diesem Podcast von Laura, Saskia und Daniel.

Future Talk in Leipzig: Wege zur Vernetzung

Ich freue mich sehr, in der nächsten Woche eine Podiumsdiskussion an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig zu moderieren. Die Veranstaltung ist Teil der Reihe Future Talks des Netzwerk Musikhochschulen 4.0 und thematisiert die Rolle von Berufsverbänden in der Kunst- und Musikszene. Mit Menschen aus Hochschulen, Verbänden und Politik werden wir das Spannungsfeld zwischen Musikstudium und Berufseinstieg für freischaffende Musiker:innen diskutieren, ebenso wie Fragen der berufsständischen Interessenvertretung. Meine Gesprächspartner:innen auf dem Podium werden sein: Sebastian Haas, Lisa Mangold, Andrea Tober, Andreas Hammer und Oliver Fritzsche. Ihr könnt euch an der öffentlichen Diskussion beteiligen (bitte zuvor bei mentoring@hmt-leipzig.de anmelden) oder die Veranstaltung im YouTube-Livestream verfolgen. Herzlichen Dank an Carmen Maria Thiel und das Programm Mentoring Arts für die Einladung!

» Donnerstag, 23. März, 2023, 14 Uhr, in der HMT Leipzig, Probesaal, Grassistraße 8, 04107 Leipzig
» Weitere Informationen stehen auf dieser Webseite, und der Livestream ist hier zu finden

Wie Musiker zu Tätern werden

Ein sehr lesenswerter Artikel, verfasst von dem Klavierprofessor Florian Hölscher von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt, über Hierarchien und Machtmissbrauch in der klassischen Musikausbildung. Mit vielfältigen historischen Bezügen zu den Phänomenen Meisterlehre und Genieästhetik, einer erhellenden Darstellung des George-Kreises als Beispiel für psychische und sexuelle Abhängigkeit von einem Mentor bzw. Guru, sowie einer Typologie potentieller Täter in künstlerischen Unterrichtsverhältnissen. Vielen Dank für die Bereitstellung des Texts für das Pro Musik Magazin!

Digitalisierter Musiktheorie-Unterricht

Ich habe versucht, meine Erfahrungen in der medienbasierten Hochschullehre zusammenzufassen, und einige persönliche Leitlinien für den digitalisierten Musiktheorie-Unterricht erstellt. Entstanden ist eine kondensierte Konzeption mit flexiblen Anwendungsgebieten und Lehrformaten: in Präsenz, online, hybrid sowie alternierende Mischformen. Berücksichtigt wird auch der synchrone und asynchrone Einsatz von kollaborativen Cloud-Dokumenten und Whiteboards – ein Kernelement meiner Musiktheorie-Lehrmethodik während der letzten drei Jahre. Weitere wesentliche Komponenten sind Lernplattformen, open educational resources und multimediale Interaktion mittels virtueller Musizier-Apps und MIDI-Geräten. Ich würde mich über einen Austausch freuen, wenn euch das Konzept interessiert oder ihr eigene Gedanken zum Thema habt. Ergänzungen oder Vorschläge sind ebenfalls herzlich willkommen.

» Meine Leitlinien für den medienbasierten Musiktheorieunterricht ansehen