Ich halte diesen Artikel nicht für ein besonders gelungenes Beispiel journalistischer Arbeit, aber zumindest zeigt er das schier unglaubliche Ausmaß von sexuell anstößigem und missbräuchlichem Verhalten, das aller Wahrscheinlichkeit nach über Jahrzehnte von einigen Professoren der Hochschule für Musik und Theater München an den Tag gelegt worden ist. Auf mich wirkt dieser Vorgang wie ein Scheitern auf allen Ebenen der akademischen Selbstverwaltung – hätte ich das zweifelhafte Vergnügen, an dieser Institution zu arbeiten, würde ich umgehend kündigen. Wenn sich auch nur die Hälfte der besagten Anschuldigungen als zutreffend erweist, sollte die zuständige Landesbehörde einen Untersuchungsausschuss einsetzen und, falls es der Hochschule auch in Zukunft nicht zu verhindern gelingt, dass ihre Studierenden und Mitarbeiter zu Opfern von Sexualstraftaten werden, in letzter Konsequenz deren Schließung erwirken.
General
Stelle in Düsseldorf
Diese Woche werde ich eine neue Stelle als Dozent für Musiktheorie am musikwissenschaftlichen Institut der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf antreten und bin hochgradig gespannt auf diese neue Herausforderung. Ich werde für das künstlerische Lehrangebot im Rahmen des Bachelor-Ergänzungsfachs Musikwissenschaft der Heinrich Heine Universität Düsseldorf verantwortlich sein, darunter Seminare und Übungen in satztechnischen Grundlagen, Formenlehre, Klavierpraxis und Propädeutik der Musiktheorie. Einstweilen werde ich weiterhin in Berlin leben und für zwei Tage die Woche nach Düsseldorf pendeln.
Wandel an den Berliner Musikschulen?
Derzeit geschieht etwas an den öffentlichen Musikschulen Berlins, das seit einiger Zeit nicht mehr vorgekommen ist: Es werden Festanstellungen vorgenommen. An der Tatsache, dass die kommunale Musikausbildung fast vollständig in den Händen von Freiberuflern liegt, wird sich allerdings auf absehbare Zeit nichts ändern, auch wenn der Anteil der im Angestelltenverhältnis tätigen Mitarbeiter an den Bezirksmusikschulen nun von 7% auf 20% erhöht werden soll. Abgesehen von einer seltsamen Kontroverse zwischen Senat und Musikverbänden, wie vielen Vollzeitäquivalenten dieser Zuwachs entspricht, bleiben einige weitere Fragen offen. Sollten die neu geschaffenen Stellen öffentlich ausgeschrieben werden oder gezielt den freien Mitarbeiten einer Musikschule zu Gute kommen? Ist es hinnehmbar, wenn Bewerber_innen nur auf Grundlage eines Vorstellungsgesprächs eingestellt werden, ohne ihre Qualifikation in einer Lehrprobe oder einem Vorspiel nachzuweisen? Und schließlich: Weshalb werden Festanstellungen als wichtiger angesehen als grundsätzliche Fragen zum Qualitätsmanagement und zur Nachhaltigkeit der musikalischen Grundausbildung?
Über künstlerische Exzellenz
Im letzten Jahr haben Helge Harding und ich einen Essay über zeitgemäße Musikpädagogik, Beurteilung und Bewertung musikalischer Leistungen, Qualitätsmanagement der Lehre und generelle Fragen der künstlerischen Exzellenz geschrieben. Der Text ist nun als Leitartikel in der jüngsten Ausgabe des Magazins Üben & Musizieren erschienen und wird demnächst über die Webseite von Schott Music verfügbar sein. Bis dahin steht euch dieser PDF-Volltext zur Verfügung. Ich bin gespannt auf eure Kommentare und Meinungen!
Das Prekariat des Operngesangs
In ihrer aufschlussreichen Reportage über Karrieren von Opernsängerinnen und Opernsängern porträtiert Emilia Smechowski fünf ehemalige Studierende der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. Die Protagonist_innen werden namentlich genannt und mit einigen sensiblen bzw. sehr persönlichen Äußerungen zitiert. Selbstverständlich ist eine öffentliche Diskussion über Konkurrenzdruck, Ellbogenmentalität und ungesunde Arbeitsbedingungen im klassischen Musikbetrieb höchst wünschenswert, und der Artikel gibt wertvolle Einblicke, die anderswo nicht in dieser Form zu finden sind. Gleichzeitig wirft der Text die Frage auf, ob die Quellen nicht besser anonym zitiert worden wären – die Autorin gibt sich als Studienkollegin der Interviewten aus, die sich zum Teil in unangemessener Weise dargestellt sehen, so dass zweifelhaft bleibt, ob es sich hier um unparteiischen Journalismus handelt.