Nächste Woche wird am Bundesgerichtshof die Berufungsverhandlung in der Causa Siegfried Mauser stattfinden, von der ein endgültiges Urteil zur Höhe des Strafmaßes für verschiedene Sexualdelikte erwartet wird. Kurz vor dieser Entscheidung hat der Würzburger Verlag Königshausen & Neumann die baldige Veröffentlichung einer Festschrift zu Mausers 65. Geburtstag angekündigt, die von zwei seiner Vertrauten, dem Literaturwissenschaftler Dieter Borchmeyer und der Musikwissenschaftlerin Susanne Popp, mitherausgegeben wird. Zwar ist davon auszugehen, dass bereits vor Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Mauser mit der Vorbereitung des Bandes begonnen wurde; dennoch ist fraglich, ob die Festschrift als intendierte Exkulpation gelten oder die Liste der Beitragenden als Liste von Mausers Parteigängern gelesen werden kann. In jedem Fall darf die Veröffentlichung eines Artikels oder einer Komposition in einer solchen Publikation als Geste der Unterstützung betrachtet werden, zumindest aber als unterlassene Distanzierung vom Widmungsträger als öffentliche Person. Blogs und soziale Medien haben bereits Position bezogen: Alexander Strauch erörtert in seinem Artikel mögliche Zwecke und Zielsetzungen der Festschrift, während Theo Geißler in seinem sprachlich entgleisten Kommentar verschiedene Komponisten, darunter Helmut Lachenmann, Manfred Trojahn und Wolfgang Riehm (sic!), as »Fummelkumpane« schmäht. Konkrete Kritik verbietet sich bis zum tatsächlichen Erscheinen; dann jedoch wäre eine besonnenere Beurteilung des Bandes und seines wissenschaftlichen Wertes wünschenswert, idealerweise in Gestalt einer Rezension.
Die Sonate als zeitloses Prinzip
Liebe Menschen, ich freue mich, die Publikation meiner Doktorarbeit bekanntgeben zu können. Ab heute ist sie über das Online-Repositorium musiconn.publish, eine Plattform im Rahmen des Qucosa-Projekts der Sächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, im Open Access verfügbar. Das Dokument kann nach Belieben gelesen, heruntergeladen und weitergegeben werden. Zitation bitte nach folgendem Muster:
Bitzan, Wendelin: The Sonata as an Ageless Principle. Nikolai Medtner’s Early Piano Sonatas: Analytic Studies on their Genesis, Style, and Compositional Technique. PhD-Dissertation: Universität für Musik und darstellende Kunst Wien 2018. — dx.doi.org/10.25366/2019.15
Rektangulärer Ragtime
Um die vorlesungsfreie Zeit zu überbrücken und während der Sommermonate nicht ganz außer Form zu geraten, gibt es hier eine kleine musikalische Spielerei. Ich präsentiere euch ein neu entwickeltes Arbeitsblatt namens RagTangles™, basierend auf einer der berühmtesten Kompositionen Scott Joplins, The Easy Winners. Bis auf das allererste Segment sind die Positionen aller RagTangles durcheinandergeraten, und es ist nun an euch, sie in die richtige Reihenfolge zu bringen – ohne zuvor in die Originalnoten zu schauen, versteht sich. Viel Spaß!
Ein wegweisendes Festival am See
Ich habe das Detect Classic Festival in Neubrandenburg besucht, ein dreitägiges, von Konstantin Udert und Joseph Varschen entwickeltes und kuratiertes multistilistisches Eventformat. In bezaubernder Atmosphäre am Ufer des Tollensesees präsentierte das Festival ein vielfältiges Line-up mit klassischer und elektronischer Musik, die in zwei vormals militärisch genutzten Industriehallen aufgeführt wurde. Trotz der musikalischen Stilvielfalt (die ich bemerkenswert fand, auch wenn zeitgenössische Kunstmusik und Jazz weitgehend fehlten), war mein Eindruck, dass das klassische Konzertpublikum und die Partygänger_innen sich nicht tatsächlich miteinander vermischten. Die Eckpunkte des Programms, Orchesterkonzerte der Jungen Norddeutschen Philharmonie, des Ensemble Reflektor und des famosen Stegreif.Orchester, zogen ein anderes und deutlich zahlreicheres Publikum an als die übrigen Darbietungen, vermutlich bedingt durch die Bewerbung der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, in deren Rahmen die Veranstaltung stattfand. Es stellt sich die Frage, ob traditionelles Klassik-Marketing überhaupt geeignet ist, ein Festival zu promoten, das gerade auf die Überwindung von Genregrenzen und Publikumsgruppen abzielt. Eine erfolgreiche Verbindung zwischen Konzertsaal- und Clubkultur lässt sich wahrscheinlich nicht durch das Musikmanagement, sondern am ehesten durch das Wirken und die Aufgeschlossenheit der Künstler_innen verwirklichen. In dieser Hinsicht haben mich die Performances von Alexej Gerassimez, dem Ensemble Deep Strings und der Band AFAR am meisten beeindruckt. Ungeachtet meiner leichten Zweifel war das Festival eine überaus lohnende Erfahrung, die meine Perspektive auf den Musikbetrieb erneut geweitet und verdeutlicht hat, was bei der Gestaltung zeitgemäßer Konzertveranstaltungen getan werden kann und sollte.
Sammelband über Metner
Ich freue mich sehr, bekanntgeben zu können, dass ich gemeinsam mit Christoph Flamm einen Aufsatzband mit dem Titel Nikolai Medtner: Music, Aesthetics, and Contexts herausgeben werde, der im Laufe des Jahres 2020 beim Olms Verlag erscheint, ermöglicht durch eine Publikationsförderung der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Der englischsprachige Band soll Aspekte von Metners Musik und künstlerischer Ideenwelt aus unterschiedlichen Blickwinkeln untersuchen, wobei Beiträge jeglicher musikwissenschaftlicher und künstlerischer Provenienz willkommen sind. Wer sich mit Metner beschäftigt und einen Aufsatz beisteuern möchte, sende mir bitte bis zum 30. September 2019 einen Abstract und einen akademischen Lebenslauf. Die Volltexte sollten bis zum 31. Januar 2020 eingereicht werden. — Hier ist der offizielle Call for Contributions zu finden.