Ich freue mich, an der Entwicklung einer neuen Webseite mitzuwirken, die sich dem Austausch von OER-Ressourcen und Lehrmaterialien zur Musiktheorie widmet. Das im Aufbau befindliche Projekt nennt sich Musiktheorie Digital und wurde von meinem Kollegen Krystoffer Dreps gestartet. In Zusammenarbeit mit Magdalena Büttner und Dennis Mayer werden wir künftig eine umfassende und stilistisch offene Datenbank mit Arbeitsblättern, methodischen Ideen, Musikbeispielen und Literatur zusammenstellen, die mit Hilfe eines Querverweissystems nach Gegenständen, Medientypen und Autor_innen durchsuchbar ist. Das Ziel ist, eigenen digitalen Content nicht nur für sich selbst zu nutzen, sondern ihn für andere Lehrende und Studierende bereitzustellen oder zu verlinken und auf diese Weise zu einer allgemeinen Verfügbarkeit von Materialien für die Fächer Musiktheorie und Gehörbildung beizutragen. Alle Interessierten können mitwirken und sind eingeladen, einen Account zu erstellen. Bei Fragen stehe ich gern zur Verfügung!
Pro Musik nimmt die Arbeit auf
Seit mehr als einem Jahr machen freischaffende und soloselbständige Musiker_innen in Deutschland eine schwere Zeit durch. Für viele ist der Lebensunterhalt seitdem ein andauernder Kampf, bei dem die regierungsseitigen Hilfsprogramme keine oder nur unzureichende Unterstützung leisten, und eine tatkräftige Interessenvertretung für die Belange der freien Musikszene existierte bisher nicht. Der neu gegründete Verband Pro Musik e. V. schickt sich nun an, diese Situation zu ändern: Er agiert mit einem gut vernetzten Team, das sich für verbesserte Arbeitsbedingungen, höhere Wertschätzung und zuverlässigere soziale Absicherung der Mitglieder einsetzt. Ich bin zuversichtlich, dass dieser Berufsverband sich zu einer starken politischen Stimme entwickeln kann, welche die vielfältigen Interessen der freien Musikszene bündelt – denn dieses zentrale Anliegen haben die bestehenden berufsständischen Organisationen und Gewerkschaften nicht erreicht oder nicht verfolgt, weder in der aktuellen Lage noch zuvor.
Seitdem Pro Musik die Türen für Mitglieder geöffnet hat, sind innerhalb einer Woche bereits mehr als 300 Personen beigetreten, und ich möchte euch ermutigen, ebenfalls eine Unterstützung des Verbands oder eine Mitgliedschaft zu erwägen. Gestern wurde ein Imagefilm veröffentlicht, der hier betrachtet werden kann. Satzung, Beitragsordnung und Beitrittsantrag finden sich unter diesem Link.
Kurze Begeisterungsbekundung
Seit einigen Wochen bin ich für die Musik der amerikanischen Komponistin Amy Beach (1867–1944) entflammt und frage mich seitdem, warum ich nicht bereits viel früher Notiz von deren phantastischem, spätromantisch geprägtem Schaffen genommen habe. Beach war die erste Frau, deren Orchesterwerke in den Vereinigten Staaten aufgeführt wurden. Sie hat einen umfangreichen und vielfältigen Werkkatalog mit Symphonik, Kammermusik und Vokalmusik hinterlassen und fand als Interpretin ihrer eigenen Klaviermusik in Amerika und Deutschland große Anerkennung. Obschon ich mich noch mitten im Entdeckungsprozess befinde, möchte ich nachdrückliche Kennenlernensempfehlungen für einige von Beachs Kompositionen aussprechen: die Violinsonate a-Moll op. 34, das viersätzige Klavierkonzert cis-Moll op. 45 sowie die ›Gälische‹ Symphonie e-Moll op. 32. Ein besonderes Kleinod unter ihren Klavierwerken stellt die frühe Ballade Des-Dur op. 6 dar, auf deren baldige Einstudierung ich mich freue.
Geschlechterbastionen in Orchestern
In Deutschland gibt es 129 öffentlich finanzierte Tariforchester. Nach einer aktuellen Studie des Deutschen Musikinformationszentrums ist das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Angestellten in den meisten Orchestern signifikant unausgewogen; die Zahlen variieren in Abhängigkeit vom Instrument und von der Dienststellung bzw. vom Einkommen. Die größten Ungleichheiten gibt es bei den Planstellen für Tuba (zu 98,1 % mit Männern besetzt) und für Harfe (93,7 % Frauen). Ich erwäge, diese Missverhältnisse zum Gegenstand einer neuen Komposition zu machen, und möchte ein Duo für eine Tubistin und einen Harfenisten schreiben, in dem beide Musiker_innen während des Spielens auch ihre Singstimme einsetzen. Das Stück soll außerdem musikalisch auf Josquin Desprez Bezug nehmen, dessen Tod sich in diesem Jahr zum 500. Mal jährt. Falls ihr potentielle Interpret_innen kennt oder selbst in Frage kommt und an einer Widmung interessiert seid, meldet euch gern!
Prolongation der Online-Lehre
In der vergangenen Woche hat das dritte digitale Semester an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf begonnen, und der ursprünglich für einen Notbehelf gehaltene Online-Unterricht fühlt sich mittlerweile erstaunlich vertraut an. Ich habe versucht, meine Lehrmethodik weiterzuentwickeln, und werde nun regelmäßig kollaborative Dokumente und Tools für die Musikanalyse und für satztechnische Übungen nutzen. Jamboard und Noteflight versprechen die die Interaktion im Unterricht zu bereichern und können möglicherweise auch die Bereitschaft der Studierenden erhöhen, sich mit peer assessment und Möglichkeiten der Selbstevaluation zu beschäftigen. Im Gehörbildungsunterricht und beim integrierten Lernen im Wechsel zwischen synchronen und asynchronen Vermittlungsformen erhoffe ich mir kreative Impulse durch den Einsatz von Shared Piano, einem interaktiven On-Screen-Klavier, mit dessen Hilfe bis zu zehn Personen simultan musizieren können. Ich bin allerdings weiterhin nicht schlüssig, auf welche Weise schriftliche Musiktheorie-Prüfungen vollständig digitalisiert werden können, um bei der Ergebnisübermittlung ohne Scans oder Fotografien von Papierarbeitsblättern auszukommen.
Besonders gespannt bin ich auf ein Repertoirekunde-Seminar, das ich für Studierende der instrumentalen Hauptfächer und für das Ergänzungsfach Musikwissenschaft anbiete. Wir werden die faszinierende Musik des russischen Silbernen Zeitalters erkunden und uns Werken von Skrjabin, Rachmaninov, Metner, Mjaskovskij, des frühen Stravinskij und Prokof’ev sowie weniger bekannter Figuren wie der Gnesin-Geschwister, Aleksandrov und Roslavec widmen. Falls ihr interessiert seid, das Seminar als Gasthörer_in zu verfolgen, lasst es mich gern wissen.