Wendelin Bitzan

Lehren, Prüfen und Diversität

Ein anspruchsvolles Sommersemester an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf ist vorüber. Nach intensiven und unerwartet arbeitsaufwendigen Wochen der Entwicklung von Kursen und Online-Tutorials sowie fordernder digitaler Lehre und Prüfungen freue ich mich nun auf die vor mir liegende, etwas weniger geschäftige Zeit. Dies ist die schriftliche Musiktheorie-Prüfung, die ich meinen Studierenden im vierten Semester gestellt habe; sie widmet sich zu gleichen Teilen Musik von Komponistinnen und Komponisten aus Frankreich und Deutschland. Es bereitet nicht viel Mühe, den Repertoirekanon zu erweitern und zumindest bei den Gegenständen der Lehre für ein wenig Vielfalt zu sorgen, auch wenn dies natürlich im klassischen Musikbetrieb nichts ändern wird. Möge es aber immerhin ein kleiner Impuls sein.

Ein überwältigendes Orgelkonzert

Liebe Menschen, ich möchte euch auf einen phantastischen Organisten und Improvisator aufmerksam machen, über dessen Können ich bislang bedauerlicherweise nicht im Bilde war. Einige mögen ihn kennen: Wolfgang Seifen, Professor in Berlin und Titularorganist der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Hier ist der Mitschnitt eines in Gänze improvisierten Orgelkonzerts, das im August 2019 im Altenberger Dom stattgefunden hat. Des Künstlers stupende Technik und Flexibilität in einer Vielzahl von musikalischen Formen und Gattungen ist zutiefst beeindruckend und hat mich sprachlos hinterlassen. Möge es euch ebenso gehen.

Tücken der Namensgebung

Das Berliner Verkehrsunternehmen BVG hat angekündigt, den U-Bahnhof Mohrenstraße, eine zentrale Station im Bezirk Mitte, in Glinkastraße umzubenennen. Es ist gerechtfertigt, den bisherigen Namen wegen der Verwendung eines antiquierten und als abwertend empfundenen Begriffs in Frage zu stellen; etliche Stimmen kritisieren nun jedoch auch den geplanten neuen Namen, der auf die nach dem russischen Komponisten Michail Glinka benannte Straße verweist. Glinka, der 1857 in Berlin starb, wird aufgrund seiner zaristisch-nationalistischen Haltung und insbesondere wegen antisemitischer Äußerungen in seinen Briefen als unangemessene Wahl empfunden. Anlass für die Diskussion ist jedoch allein die Benennung des U-Bahnhofs und nicht der Straße, von der diese abgeleitet ist oder sein wird, und die Glinkastraße an sich ist bisher genauso unangefochten wie etwa der Richard-Wagner-Platz. In meinen Augen ist es anachronistisch, Dinge oder Stätten überhaupt nach Personen zu benennen. Menschen sind nun einmal angreifbar und verhalten sich unmoralisch, und wenn man tief genug gräbt, wird man über so gut wie jeden und jede etwas Diskreditierendes finden. Mir erscheint es sinnvoller, zu neutralen und unverfänglichen Alternativen zu greifen. Wie wäre es in diesem konkreten Fall mit U-Bahnhof Mitte West?

Dirigieren mit Tieren

Bühne frei für Maus und Klaus! Meine geschätzte Kollegin Bernadett Kis und ihr Team von der Puppenphilharmonie Berlin haben eine bezaubernde Videoserie für Kinder produziert, in der zwei Puppen, der Mäuserich Louis und der Maulwurf Klaus, gemeinsam mit fünf leibhaftigen Musiker_innen auftreten. Ich hatte das Vergnügen, den Liedtext für den Titelsong beizusteuern. Bis Anfang August erscheint jeden Dienstag eine neue Episode auf den Online-Kanälen der Tonhalle Düsseldorf. Schaut gerne einmal hinein mit euren Kindern.

Komponieren mit Schüler_innen

Das Musiktheatervermittlungsprojekt YOUR_Street.Scene am Theater Magdeburg, an dem ich mitwirken durfte, hat einen gelungenen Abschluss gefunden. Es hat mir Freude bereitet, mit einer Anzahl von Schüler_innen des Internationalen Gymnasiums Pierre Trudeau in Barleben zu arbeiten und sie bei der Entstehung einer Gruppenkomposition anzuleiten. Am Ende stand eine Partitur für Klaviersextett mit einer Spieldauer von etwa vier Minuten. Ursprünglich war diese als Ouvertüre für eine Outdoor-Szenerie konzipiert worden, die von den Schüler_innen in Anlehnung an Kurt Weills Oper Street Scene in Magdeburg gestaltet werden sollte. In Anbetracht der aktuellen Bedingungen mussten wir auf eine Live-Aufführung verzichten; an deren Stelle wurden zwei Videotrailer produziert, die die musikalische und choreographische Arbeit dokumentieren.