Wendelin Bitzan

Wendelin Bitzan

Präsenzlehre in Pandemiezeiten

Ein anspruchsvolles Hybridsemester an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf hat begonnen. Es gibt ein tragfähiges Hygienekonzept, das ermöglicht, dass ich die meisten meiner Lehrveranstaltungen in den Fächern Satztechnik, Analyse und Gehörbildung in Präsenz anbieten kann. Für das musiktheoretische Propädeutikum, einen Einführungskurs für Studienanfänger_innen im Ergänzungsfach Musikwissenschaft an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf, verfolge ich einen zweigleisigen Ansatz: Die rund 70 Erstsemester besuchen entweder eine von drei Präsenzgruppen mit bis zu 15 Teilnehmer_innen oder nehmen an einem asynchronen Online-Lehrangebot teil, das Kurse in Teams und Moodle sowie ein OER-Tutorial auf Wiki-Basis beinhaltet. Dieses Vorgehen verschafft allen die Möglichkeit, während des Wintersemesters die gewünschten Leistungspunkte zu erwerben. Sollten die Infektionsschutzmaßnahmen wieder auf die Hochschulen ausgedehnt werden, müssten wir sämtliche Lehrveranstaltungen in Online-Formate umwandeln – angesichts der bisherigen Erfahrungen bin ich aber zuversichtlich, dass sich angemessene Lösungen für alle Kurse und Prüfungen werden finden lassen.

Gesamte Gesangsgesandte

Nach einem Jahr der Entbehrung jeglicher Sangesaktivität habe ich endlich einen neuen Chor gefunden. Das Vokalsystem Berlin, ein aufstrebendes und leistungsstarkes junges Ensemble unter der Leitung meines lieben Kollegen Johannes David Wolff, hat mich als neues Mitglied aufgenommen und verschafft mir die reizvolle Aussicht, demnächst an Auführungen mit Musik von Maurice Duruflé, Anders Edenroth, Eric Whitacre, Ola Gjeilo und Yannick Wittmann mitwirken zu dürfen. Bleibt zu hoffen, dass alles so stattfinden kann wie geplant.

Vorstandsamt bei der GMTH

Gestern wurde ich zum Beisitzer im Vorstand der Gesellschaft für Musiktheorie (GMTH), dem Berufsverband der deutschsprachigen Musiktheorie, gewählt. Meine Arbeitsgebiete sind die Interessenvertretung der Lehrbeauftragten in den Fächern Musiktheorie und Gehörbildung sowie die Unterstützung der internationalen Aktivitäten der Gesellschaft. Wenn ihr euch zu einem dieser Themen äußern oder einbringen möchtet, zögert nicht, mit mir Kontakt aufzunehmen. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit meinen Vorstandskolleg_innen Florian Edler, Sigrun Heinzelmann, Thomas Wozonig, Julia Deppert-Lang, Hans Aerts und Derek Remeš im Laufe der nächsten zwei Jahre.

Beethoven, Taneev, Metner

Ich freue mich, am kommenden Wochenende ein Referat beim Jahreskongress der Gesellschaft für Musiktheorie präsentieren zu dürfen. Dieser wird von der Hochschule für Musik Detmold ausgerichtet, wegen der andauernden Pandemiesituation allerdings als Online-Veranstaltung durchgeführt. Tatsächlich ist der GMTH-Kongress von vier Konferenzen, die ich in diesem Herbst besuchen wollte, die einzige, die tatsächlich stattfindet und nicht verschoben wurde. Ich werde über den Traditionstransfer west- und mitteleuropäischer Konzepte musikalischer Form nach Russland sprechen, insbesondere bezogen auf die Sonatentheorie Sergej Taneevs (die sich primär am Modell der Beethoven’schen Sonaten orientierte) und dessen Einfluss auf seinen Schüler Nikolai Metner. Außerdem werde ich als Chair eine Session zur Didaktik des Musikverstehens und zur digitalen Vermittlung musiktheoretischer Inhalte leiten, worauf ich sehr gespannt bin.

Mannigfaltigkeit der Stimmen

Es hat mich immer fasziniert, dass bei Sänger_innen kein direkter Zusammenhang zwischen der äußeren Erscheinung, der geschlechtlichen Identität der Person und jener der Bühnenrolle, dem Stimmfach und dem Stimmambitus besteht. Ist es nicht wunderbar, dass die Nuancen der menschlichen Stimme ebenso vielfältig sind wie die Möglichkeiten der persönlichen Geschlechtswahrnehmung, des Alters und der ethnischen Zugehörigkeit? In diesem transzendenten Kontinuum vokaler Funktionalität ist alles möglich. Ich denke, dass die schiere Schönheit einer Stimme durch die Vielzahl der physiologischen und emotionalen Einflüsse bedingt wird, denen sie unterliegt. Je mehr die ästhetischen und phoniatrischen Voraussetzungen sich vermischen und überschneiden, desto fesselnder stellt sich das klangliche Ergebnis dar.