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Lehrbeauftragtenstreik steht bevor

Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass die freiberuflich tätigen Lehrbeauftragten an bayerischen Musikhochschulen für Mitte November 2017 einen zweiwöchigen Generalstreik planen, um ihrer Ablehnung gegenüber der Direktive des Kultusministeriums, die Institutionen den Beschäftigungsumfang ihrer freien Mitarbeiter prüfen zu lassen, Ausdruck zu verleihen. Lehraufträge sind in Bayern nur bis zu einem Umfang von 9 Semesterwochenstunden zulässig. Natürlich ist es aus Sicht der Betroffenen gut, sich zu organisieren und gegen die seit langer Zeit untragbaren Arbeitsbedingungen zu protestieren allerdings ist das gewählte Mittel fragwürdig. Die Hochschulleitungen werden auf einen so kurzen Streik vermutlich kaum reagieren; die Streikenden verdienen einfach weniger und riskieren zudem ihre Weiterbeschäftigung. Notwendig wäre stattdessen eine Demonstration der Stärke und Unverzichtbarkeit dieser Berufsgruppe, die an den betreffenden Institutionen in vielen Fächern das Unterrichtsangebot sicherstellt. Eine effektivere Maßnahme wäre ein Streik innerhalb der Prüfungsphase am Semesterende; erst dann würden die Hochschulleitungen unter Druck geraten, weil das gesamte Prüfungsaufkommen auf die hauptamtlich Beschäftigten abgewälzt würde (was diese kaum hinnehmen könnten). Voraussetzung wäre allerdings, dass die Lehrbeauftragten Rückendeckung aus Berufsverbänden wie dem Deutschen Tonkünstlerverband und der Deutschen Orchestervereinigung erhielten.

Die für mich entscheidende Frage ist, ob Lehrbeauftragten wegen einer Überschreitung der zulässigen 9 SWS tatsächlich der Rauswurf droht, und falls ja, was dann als nächstes passiert. Gilt die Obergrenze nur für Tätigkeiten an den Musikhochschulen in München, Nürnberg, Würzburg und Augsburg, oder werden auch Lehraufträge in anderen Bundesländern berücksichtigt? Studierende und Lehrveranstaltungen, die bisher von Lehrbeauftragten betreut wurden, müssten künftig durch andere Dozent_innen versorgt werden – beabsichtigen die Hochschulen, noch mehr freie Mitarbeiter mit kleineren Deputaten zu beschäftigen, oder sollen neue Mittelbaustellen ausgeschrieben werden? In dem letzteren Fall wären die aktuellen Entwicklungen nicht notwendigerweise negativ zu bewerten.

Ein Wort zur UdK Berlin

Liebe Leute, ich muss etwas klarstellen. Offenbar sind Gerüchte im Umlauf, dass ich meine Lehrtätigkeit an der Universität der Künste Berlin aus anderen Gründen aufgegeben habe, als ich im Juli 2017 bekanntgab. Einige Personen scheinen mir taktisches Kalkül zu unterstellen: Indem ich die Universität verlassen hätte, würde ich einer in Kürze bevorstehenden Berufung zum Professor Vorschub leisten, weil ich dann angeblich kein »Hauskandidat« sei. Diese Geschichte, die der UdK Berlin und mir Nepotismus unterstellt, kursiert derzeit in der Musiktheorie-Szene an deutschen Musikhochschulen, und ich fühle mich deshalb zu einer kurzen Stellungnahme veranlasst.

Lasst es mich so formulieren: Das ist ein gewaltiger Blödsinn. Weder wurde mir irgendeine Position an der Fakultät Musik der UdK Berlin angeboten, noch habe ich mich für eine Stelle beworben mit höheren als den üblichen Erwartungen, für eine Besetzung berücksichtigt zu werden. Der Verdacht ist auch aus dem Grund absurd, dass die genannte Institution erst kürzlich einen langjährigen festen Mitarbeiter auf eine Professur berufen hat, ohne dass es Schwierigkeiten gab. Was mich selbst betrifft, so kann ich euch versichern, dass ich die Universität ohne die Aussicht oder auch nur Spekulation auf eine nachfolgende Anstellung verlassen habe. Zu dem Zeitpunkt, als ich die Entscheidung traf, die UdK Berlin zu verlassen, hatte ich keinerlei Kenntnisse über bevorstehende Ausschreibungen von Professuren an diesem Hause. Dies ist die Wahrheit und nichts als die Wahrheit.

Abschied von der UdK

Ich gebe hiermit bekannt, dass ich nicht länger an der Fakultät Musik der Universität der Künste Berlin tätig sein werde. Meine Entscheidung, nicht mehr als Lehrbeauftragter zur Verfügung zu stehen, ist das Ergebnis einiger Entwicklungen und persönlicher Erfahrungen im Laufe der letzten Monate. Dieser Abschied hat allerdings nichts mit meinen Studierenden zu tun, die zu den hingebungsvollsten, wissbegierigsten und liebenswertesten Menschen zählen, denen ich an der Universität begegnet bin. Wenn du mehr über meine Gedanken zur Lehrtätigkeit an der UdK Berlin sowie zum akademischen Prekariat im Allgemeinen wissen möchtest, empfehle ich dir diesen Text.

Schreibende Musiker*innen: Oje!

Liebe Musikerkolleg*innen, ich habe eine Bitte an euch. Als Interpretinnen und Interpreten von Musik seid ihr großartig. Aber wenn ihr euch berufen fühlt, eigenständig Texte oder Schriftstücke über Musik zu verfassen, dann lasst es lieber – es sei denn, ihr seid wirklich sicher, dass ihr das könnt. In allen anderen Fällen: Bitte betraut kompetente Menschen mit dieser Aufgabe (oder zeigt eure Texte zumindest einer Person, die regelmäßig über Musik schreibt). Ich habe in letzter Zeit so viele Fehlleistungen auf diesem Gebiet erlebt, dass ich diesen Appell loswerden muss. Wenn ihr also Unterstützung beim professionellen Schreiben von Künstlerbiographien, Konzertankündigungen, Werkeinführungen, Texten für Booklets oder Webseiten braucht, wendet euch vertrauensvoll an mich! Ich helfe sehr gern.

Widersprüchliche Tonarten

Die Tonart, mit der eine Komposition assoziiert wird, entspricht nicht immer der musikalischen Realität. Etwa wird Beethovens Kreutzer-Sonate op. 47 angesichts ihrer langsamen Einleitung und des Finalsatzes generell als ein Werk in A-Dur bezeichnet, obwohl der Sonatenhauptsatz-Teil des ersten Satzes in a-Moll steht. Ein etwas anderer Fall ist Schumanns vermeintliches a-Moll-Streichquartett op. 41 Nr. 1, wo die Einleitung die Gesamttonart zu bestimmen scheint, ungeachtet der Tatsache, dass das erste Sonaten-Allegro in F-Dur erklingt. Noch merkwürdiger ist der Sachverhalt in Schuberts Impromptu op. 90 Nr. 4, gemäß Vorzeichnung und gängiger Betitelung ein As-Dur-Stück, obwohl es ohne jeden Zweifel in as-Moll beginnt.

Ist es nicht widersprüchlich, die Tonart eines (mehrsätzigen) Werkes nur an seinem Beginn festzumachen? Mir erscheint es schlüssiger, dem Hauptteil eines Satzes den Vorrang vor einer Einleitung zu geben, solange die letztere lediglich eine Varianttonart ausprägt, ohne den Grundton zu verändern – in diesem Sinne wären Mendelssohns Rondo capriccioso op. 14 (ein e-Moll-Werk, auch wenn die Einleitung in E-Dur steht) und Dvořáks achte Symphonie op. 88 (G-Dur mit Einleitung des ersten Satzes in g-Moll) korrekt bezeichnet. Nach diesem Grundsatz müssten wir die Kreutzer-Sonate als eine a-Moll-Komposition erachten. Andererseits würde das erwähnte Schumann-Quartett weiterhin als a-Moll-Werk identifiziert, diejenige Tonart, in der drei seiner vier Sätze beginnen, ungeachtet der Tatsache, dass der Kopfsatz zur Untermediante ausweicht. Was meint ihr?