Das Musiktheatervermittlungsprojekt YOUR_Street.Scene am Theater Magdeburg, an dem ich mitwirken durfte, hat einen gelungenen Abschluss gefunden. Es hat mir Freude bereitet, mit einer Anzahl von Schüler_innen des Internationalen Gymnasiums Pierre Trudeau in Barleben zu arbeiten und sie bei der Entstehung einer Gruppenkomposition anzuleiten. Am Ende stand eine Partitur für Klaviersextett mit einer Spieldauer von etwa vier Minuten. Ursprünglich war diese als Ouvertüre für eine Outdoor-Szenerie konzipiert worden, die von den Schüler_innen in Anlehnung an Kurt Weills Oper Street Scene in Magdeburg gestaltet werden sollte. In Anbetracht der aktuellen Bedingungen mussten wir auf eine Live-Aufführung verzichten; an deren Stelle wurden zwei Videotrailer produziert, die die musikalische und choreographische Arbeit dokumentieren.
Diversität bei Kompositionslehrkräften
Eine Leseempfehlung: In der Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie (ZGMTH) ist eine beachtenswerte Untersuchung zur Unterrepräsentanz weiblichen und nicht-binären Lehrpersonals in den Fächern Komposition, Elektroakustische Komposition und Musiktheorie an deutschen Musikhochschulen veröffentlicht worden. Die Autorinnen Irene Kletschke und Kirsten Reese beschränken sich nicht auf eine Darstellung der Problemlage und deren Ursachen, sondern geben außerdem Anregungen, wie man die Situation optimieren könnte. Dabei fordern sie nicht etwa eine Frauenquote, sondern schlagen eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Angelegenheit auf struktureller Ebene und in der akademischen Selbstverwaltung zu behandeln. Ich hoffe, dass diese Überlegungen von Dekanaten, Hochschulleitungen und bildungspolitischen Entscheidungsträger_innen wahrgenommen werden.
Dreiklangsquadrate
Ich habe ein wenig mit verschiedenen Diagrammtypen zur Darstellung von Akkordbeziehungen experimentiert, zum Teil inspiriert durch das Euler’sche und Riemann’sche Tonnetz. Daraus entstand die Idee, alle 24 Dur- und Moll-Dreiklänge in ein 5×5-Raster einzutragen (das mittlere Feld bleibt frei). Nach einigen Versuchen, eine sinnvolle und aussagekräftige Anordnung zu finden, scheint es mir keine vollständig konsistente Weise zu geben, die Akkorde so zu verteilen, dass eine einheitliche Regel zur Ableitung der in gleicher Richtung angrenzenden Felder befolgt wird. Allerdings habe ich zwei interessante Layouts entdeckt: eines davon ist an Terzbeziehungen orientiert, das andere bevorzugt hexatonische Pole. Ich wäre interessiert zu erfahren, was ihr über diese Diagramme denkt und ob ihr darin einen Nutzen für eine transformational theory seht, die über die bloße Illustration von Kleinterzzyklen und Halbton-Ganzton-Regionen als symmetrische Muster hinausgeht.
Natürlich ist dies bisher noch thought-in-progress und noch keine voll entwickelte Theorie, und ich bin gespannt auf eure Meinungen und Anregungen. Falls ich unbewusst Ergebnisse der Neo-Riemannian Theory reproduziert haben sollte, die mir nicht gegenwärtig waren, bitte ich um einen entsprechenden Hinweis. Und wenn ihr Ideen für eine überzeugendere 5×5-Anordnung habt, so lasst sie mich gern wissen.
Ganztönige Diatonik?
Die hexatonische oder Ganztonleiter (Modus 1 nach Messiaen) ist nicht eigentlich diatonisch, sondern eine symmetrische Skala, die aus einer äquidistanten Teilung der Oktave in sechs Abschnitte entsteht. Dies resultiert in Stufen, die um jeweils zwei Halbtonschritte auseinander liegen – eine Eigenschaft, die der gängigen Definition von Diatonik als Unterkategorie von Heptatonik widerspricht, denn eine diatonische Skala erfordet sieben diskrete Stammtöne mit Ganz- und Halbtonschritten in eindeutiger Alteration. Dennoch ist es möglich, eine Ganztonleiter aus diatonischem Material zu konstruieren, wie ich im Folgenden zeigen möchte.
Zu diesem Zweck verwende ich die Tetrachordtheorie. Ein Tetrachord besteht aus vier benachbarten diatonischen Stufen im Ambitus einer reinen oder übermäßigen Quarte, wobei vier Varianten möglich sind, die sich durch die Existenz und Position eines Halbtonschritts unterscheiten: ionisch (2 2 1), dorisch (2 1 2), phrygisch (1 2 2) und lydisch (2 2 2: ohne Halbtonschritt). Wenn wir eine diatonische Skala als Kombination zweier disjunkter und um eine reine Quinte gegeneinander transponierter Tetrachorde betrachten, gibt es sieben Kombinationen, durch die sich die sieben diatonischen Modi bilden lassen – Äolisch besteht etwa aus einem unteren dorischen und einem oberen phrygischen Tetrachord, während Mixolydisch aus einem unteren ionischen und einem oberen dorischen Tetrachord besteht. Die achte Kombination hingegen verbindet zwei lydische Tetrachorde zu einer nichtdiatonischen Ganztonleiter, vorausgesetzt, man lässt die Transposition des oberen Tetrachords um eine verminderte (statt reine) Quinte zu. Die resultierende Skala (2 2 2 0 2 2 2) besitzt sechs Tonhöhen, verwendet aber dennoch alle sieben Stammtöne und weist in der Mitte eine verminderte Sekunde fis–ges auf. In ihrer plagalen Variante umfasst die Skala den Ambitus einer übermäßigen Septime ges–fis.
Vogelgesang am Klavier
Mit Vergnügen darf ich ankündigen, dass ich eine Neuausgabe von Milij Balakirevs Klaviertranskription des Liedes Žavoronok (Die Lerche) von Michail Glinka anfertigen werde, die im G. Henle Verlag erscheinen soll. Das Autograph und die Erstausgabe, gedruckt 1864 in Sankt Petersburg, gelten als verschollen – ich werde mich also auf andere Drucke aus dem späten neunzehnten Jahrhundert stützen müssen, darunter eine Edition von Gutheil mit diesem zauberhaften Jugendstil-Titelblatt. Ich freue mich sehr auf die Arbeit an diesem Projekt.