<span class="vcard">Wendelin Bitzan</span>
Wendelin Bitzan

Ganztönige Diatonik?

Die hexatonische oder Ganztonleiter (Modus 1 nach Messiaen) ist nicht eigentlich diatonisch, sondern eine symmetrische Skala, die aus einer äquidistanten Teilung der Oktave in sechs Abschnitte entsteht. Dies resultiert in Stufen, die um jeweils zwei Halbtonschritte auseinander liegen – eine Eigenschaft, die der gängigen Definition von Diatonik als Unterkategorie von Heptatonik widerspricht, denn eine diatonische Skala erfordet sieben diskrete Stammtöne mit Ganz- und Halbtonschritten in eindeutiger Alteration. Dennoch ist es möglich, eine Ganztonleiter aus diatonischem Material zu konstruieren, wie ich im Folgenden zeigen möchte.

Zu diesem Zweck verwende ich die Tetrachordtheorie. Ein Tetrachord besteht aus vier benachbarten diatonischen Stufen im Ambitus einer reinen oder übermäßigen Quarte, wobei vier Varianten möglich sind, die sich durch die Existenz und Position eines Halbtonschritts unterscheiten: ionisch (2 2 1), dorisch (2 1 2), phrygisch (1 2 2) und lydisch (2 2 2: ohne Halbtonschritt). Wenn wir eine diatonische Skala als Kombination zweier disjunkter und um eine reine Quinte gegeneinander transponierter Tetrachorde betrachten, gibt es sieben Kombinationen, durch die sich die sieben diatonischen Modi bilden lassen – Äolisch besteht etwa aus einem unteren dorischen und einem oberen phrygischen Tetrachord, während Mixolydisch aus einem unteren ionischen und einem oberen dorischen Tetrachord besteht. Die achte Kombination hingegen verbindet zwei lydische Tetrachorde zu einer nichtdiatonischen Ganztonleiter, vorausgesetzt, man lässt die Transposition des oberen Tetrachords um eine verminderte (statt reine) Quinte zu. Die resultierende Skala (2 2 2 0 2 2 2) besitzt sechs Tonhöhen, verwendet aber dennoch alle sieben Stammtöne und weist in der Mitte eine verminderte Sekunde fisges auf. In ihrer plagalen Variante umfasst die Skala den Ambitus einer übermäßigen Septime gesfis.

Vogelgesang am Klavier

Mit Vergnügen darf ich ankündigen, dass ich eine Neuausgabe von Milij Balakirevs Klaviertranskription des Liedes Žavoronok (Die Lerche) von Michail Glinka anfertigen werde, die im G. Henle Verlag erscheinen soll. Das Autograph und die Erstausgabe, gedruckt 1864 in Sankt Petersburg, gelten als verschollen – ich werde mich also auf andere Drucke aus dem späten neunzehnten Jahrhundert stützen müssen, darunter eine Edition von Gutheil mit diesem zauberhaften Jugendstil-Titelblatt. Ich freue mich sehr auf die Arbeit an diesem Projekt.

Lehre aus der Ferne

Ein ungewöhnliches und nachgerade verwirrendes Semester hat an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf begonnen. Die Gebäude sind noch immer geschlossen – das Lehrangebot meines Instituts findet zum größten Teil aber statt, und ich betreue eine Anzahl von Online-Kursen, darunter zwei als Videokonferenzen abgehaltene  Seminare und drei asynchrone Web-Tutorials auf verschiedenen E-Learning-Plattformen. Dank Jeannette Getrost vom Studio Balu habe ich die Möglichkeit, mich in einem vorübergehend nicht genutzten Kursraum einzunisten, um in ruhiger Umgebung meine Webcastings auszusenden, und muss dafür nicht einmal meine Nachbarschaft verlassen. Die Studierenden nehmen die herausfordernden Bedingungen, unter denen Hochschullehre in diesen Tagen stattfindet, zum größten Teil mit bewundernswerter Flexibilität an. Derzeit entwickle ich einige frei zugängliche Tutorials zur Formenlehre und Gehörbildung für die Plattform ELMU, eine von Ulrich Kaiser ins Leben gerufene Open Educational Resource, die ich euch zu erkunden einlade.

Angriffe durch Mitglieder des DTKV Berlin

In einer Zeit, da sich ein Musikberufsverband mit allen Kräften dem Wohlergehen seiner von der Coronakrise gebeutelten Mitglieder widmen sollte, gefällt sich der Vorstand des DTKV Berlin darin, verbandsinterne Grabenkämpfe auszufechten. Die Angriffe und Beschuldigungen einiger Personen, denen ich während der letzten Wochen ausgesetzt war, haben nun ein Maß erreicht, das mir keine andere Wahl lässt, als an die Öffentlichkeit zu gehen. Nach einer ehrverletzenden Schmutzkampagne, mit der Gabriel Iranyi, Anka Sommer und Christiane Edinger versucht haben, mir beruflich zu schaden, indem sie mich bei meiner Hochschulleitung denunziert haben, hat Detlef Bensmann gestern wegen angeblich verbandsschädigenden Verhaltens meinen Ausschluss aus dem Berliner Landesverband proklamiert. Dies nehme ich zum Anlass, die gegen mich erhobenen Vorwürfe zusammenzufassen und zu entkräften. Hier ist meine Stellungnahme.

Schreiben an die Berliner Kulturpolitik

Liebe Berliner Musiker*innen und Künstler*innen!
Die bisher existierenden Hilfsprogramme für die Corona-Krise erfassen die Gruppe der freiberuflich Kulturschaffenden nicht in ausreichendem Maße. Viele Kolleginnen und Kollegen, die durch die Unmöglichkeit, ihre Berufstätigkeiten auszuüben, existenziell bedroht sind, haben bereits individuell an Kulturpolitiker*innen der Länder und der Bundesregierung geschrieben. Ich befürchte jedoch, dass diese Einzelaktionen nicht in angemessener Weise gewürdigt und berücksichtigt werden. Um die Wahrnehmung unserer Belange zu erhöhen, habe ich ein kollektives Schreiben vorbereitet, das ich am 24.04.2020 an Klaus Lederer, den Berliner Senator für Kultur und Europa, versenden möchte. Ich würde mich freuen, wenn ihr dieses Anliegen unterstützt und den Brief unterzeichnet.

Das Schreiben an die Berliner Kulturpolitik unterzeichnen

Freischaffende Künstlerinnen und Künstler sind systemrelevant.