Das Berliner Verkehrsunternehmen BVG hat angekündigt, den U-Bahnhof Mohrenstraße, eine zentrale Station im Bezirk Mitte, in Glinkastraße umzubenennen. Es ist gerechtfertigt, den bisherigen Namen wegen der Verwendung eines antiquierten und als abwertend empfundenen Begriffs in Frage zu stellen; etliche Stimmen kritisieren nun jedoch auch den geplanten neuen Namen, der auf die nach dem russischen Komponisten Michail Glinka benannte Straße verweist. Glinka, der 1857 in Berlin starb, wird aufgrund seiner zaristisch-nationalistischen Haltung und insbesondere wegen antisemitischer Äußerungen in seinen Briefen als unangemessene Wahl empfunden. Anlass für die Diskussion ist jedoch allein die Benennung des U-Bahnhofs und nicht der Straße, von der diese abgeleitet ist oder sein wird, und die Glinkastraße an sich ist bisher genauso unangefochten wie etwa der Richard-Wagner-Platz. In meinen Augen ist es anachronistisch, Dinge oder Stätten überhaupt nach Personen zu benennen. Menschen sind nun einmal angreifbar und verhalten sich unmoralisch, und wenn man tief genug gräbt, wird man über so gut wie jeden und jede etwas Diskreditierendes finden. Mir erscheint es sinnvoller, zu neutralen und unverfänglichen Alternativen zu greifen. Wie wäre es in diesem konkreten Fall mit U-Bahnhof Mitte West?
Dirigieren mit Tieren
Bühne frei für Maus und Klaus! Meine geschätzte Kollegin Bernadett Kis und ihr Team von der Puppenphilharmonie Berlin haben eine bezaubernde Videoserie für Kinder produziert, in der zwei Puppen, der Mäuserich Louis und der Maulwurf Klaus, gemeinsam mit fünf leibhaftigen Musiker_innen auftreten. Ich hatte das Vergnügen, den Liedtext für den Titelsong beizusteuern. Bis Anfang August erscheint jeden Dienstag eine neue Episode auf den Online-Kanälen der Tonhalle Düsseldorf. Schaut gerne einmal hinein mit euren Kindern.
Komponieren mit Schüler_innen
Das Musiktheatervermittlungsprojekt YOUR_Street.Scene am Theater Magdeburg, an dem ich mitwirken durfte, hat einen gelungenen Abschluss gefunden. Es hat mir Freude bereitet, mit einer Anzahl von Schüler_innen des Internationalen Gymnasiums Pierre Trudeau in Barleben zu arbeiten und sie bei der Entstehung einer Gruppenkomposition anzuleiten. Am Ende stand eine Partitur für Klaviersextett mit einer Spieldauer von etwa vier Minuten. Ursprünglich war diese als Ouvertüre für eine Outdoor-Szenerie konzipiert worden, die von den Schüler_innen in Anlehnung an Kurt Weills Oper Street Scene in Magdeburg gestaltet werden sollte. In Anbetracht der aktuellen Bedingungen mussten wir auf eine Live-Aufführung verzichten; an deren Stelle wurden zwei Videotrailer produziert, die die musikalische und choreographische Arbeit dokumentieren.
Diversität bei Kompositionslehrkräften
Eine Leseempfehlung: In der Zeitschrift der Gesellschaft für Musiktheorie (ZGMTH) ist eine beachtenswerte Untersuchung zur Unterrepräsentanz weiblichen und nicht-binären Lehrpersonals in den Fächern Komposition, Elektroakustische Komposition und Musiktheorie an deutschen Musikhochschulen veröffentlicht worden. Die Autorinnen Irene Kletschke und Kirsten Reese beschränken sich nicht auf eine Darstellung der Problemlage und deren Ursachen, sondern geben außerdem Anregungen, wie man die Situation optimieren könnte. Dabei fordern sie nicht etwa eine Frauenquote, sondern schlagen eine Reihe von Maßnahmen vor, um die Angelegenheit auf struktureller Ebene und in der akademischen Selbstverwaltung zu behandeln. Ich hoffe, dass diese Überlegungen von Dekanaten, Hochschulleitungen und bildungspolitischen Entscheidungsträger_innen wahrgenommen werden.
Dreiklangsquadrate
Ich habe ein wenig mit verschiedenen Diagrammtypen zur Darstellung von Akkordbeziehungen experimentiert, zum Teil inspiriert durch das Euler’sche und Riemann’sche Tonnetz. Daraus entstand die Idee, alle 24 Dur- und Moll-Dreiklänge in ein 5×5-Raster einzutragen (das mittlere Feld bleibt frei). Nach einigen Versuchen, eine sinnvolle und aussagekräftige Anordnung zu finden, scheint es mir keine vollständig konsistente Weise zu geben, die Akkorde so zu verteilen, dass eine einheitliche Regel zur Ableitung der in gleicher Richtung angrenzenden Felder befolgt wird. Allerdings habe ich zwei interessante Layouts entdeckt: eines davon ist an Terzbeziehungen orientiert, das andere bevorzugt hexatonische Pole. Ich wäre interessiert zu erfahren, was ihr über diese Diagramme denkt und ob ihr darin einen Nutzen für eine transformational theory seht, die über die bloße Illustration von Kleinterzzyklen und Halbton-Ganzton-Regionen als symmetrische Muster hinausgeht.
Natürlich ist dies bisher noch thought-in-progress und noch keine voll entwickelte Theorie, und ich bin gespannt auf eure Meinungen und Anregungen. Falls ich unbewusst Ergebnisse der Neo-Riemannian Theory reproduziert haben sollte, die mir nicht gegenwärtig waren, bitte ich um einen entsprechenden Hinweis. Und wenn ihr Ideen für eine überzeugendere 5×5-Anordnung habt, so lasst sie mich gern wissen.