Die neue musikzeitung enthält als letzten Teil regelmäßig die Verbandsnachrichten des Deutschen Tonkünstlerverbands. Meine Kollegin Anne Uerlichs und ich haben vor Kurzem einen offenen Brief an die Chefredaktion verfasst, der die bestürzende Qualität vieler Artikel im DTKV-Teil der Zeitung zum Thema hat. In der aktuellen Ausgabe gibt es eine Kolumne der ehemaligen Vorsitzenden des DTKV Berlin, in der sie einige Verbandsmitglieder verdeckt angreift, und eine Selbstrezension der Steglitzer Tage für Alte Musik durch deren Leiterin, deren Zeilen von Eigenlob geradezu triefen. Dies sind nur zwei Beispiele für eklatante Verstöße gegen die redaktionellen Leitlinien der nmz. Wir plädieren für die Einrichtung einer länderübergreifenden Stelle, um eine Qualitätssicherung der von den DTKV-Landesverbänden verantworteten Beiträge zu erreichen. Der vollständige Brief ist hier verfügbar.
Dreiklangstransformationen
Ich habe ein kurzes Analysevideo zu dem Miserere aus Carlo Gesualdos Responsorien zum Karsamstag erstellt. In den Akkordfortschreitungen zu Beginn wird die modale Harmonik durch chromatisierte Stimmführung angereichert; die entstehenden Klangfolgen können als Transformationen im Sinne der Neo-Riemannian Theory aufgefasst und in einem Eulerschen Tonnetz visualisiert werden. Das Beispiel ist simpel, aber dennoch faszinierend, und eignet sich gut für einen Einstieg in die Analyse mit Hilfe harmonischer Transformationen.
Für diejenigen von euch, die sich für meine Kompositionen interessieren, stehen einige neue Aufnahmen auf SoundCloud bereit: ein Volkslied-Duett aus meinem Lyrischen Diptychon für zwei Singstimmen und Klavier, und zwei Ausschnitte aus der Duo-Suite Am Waldesrand für Gitarre und Marimbaphon.
Konflikt im DTKV Berlin setzt sich fort
Die derzeitige Führung des DTKV Berlin ist bisher nicht von dem unbegründeten und formal unwirksamen Beschluss, mich aus dem Verband auszuschließen, abgerückt. Nachdem eine von mehreren Mitgliedern angeregte Mediation und zwei außergerichtliche Vergleichsangebote verweigert wurden, habe ich gegen den Ausschluss geklagt, so dass sich die Verbandsführung für ihr Vorgehen vor Gericht wird verantworten müssen.
Derweil liegen die Aktivitäten des Verbands fast vollständig brach: Es gibt weder eine politische Positionierung zur derzeitigen Situation noch eine Stellungnahme zu den Infektionsschutzmaßnahmen; die Unterstützung der freiberuflichen Mitglieder beschränkt sich auf rudimentäre Hinweise zu Hilfsangeboten; die im Mitgliedsbeitrag enthaltene Rechtsberatung steht nicht zur Verfügung; und vom Vorstand gehen weder nach innen noch nach außen nennenswerte Initiativen im Interesse der Mitgliederschaft aus. Zudem ist in diesem Jahr keine turnusmäßige Mitgliederversammlung abgehalten worden, obwohl im Herbst 2019 weder der Vorstand vollständig gewählt wurde noch Kassenprüfer_innen und Delegierte des Verbands bestimmt wurden. Offenbar belasten die rechtlichen Auseinandersetzungen, die sämtlich vermeidbar gewesen wären, nicht nur die Finanzen des DTKV Berlin, sondern lähmen auch weitgehend die verbandsinterne und berufsständische Arbeit – obwohl eine stabile Interessenvertretung für Musiker_innen gerade in diesen Monaten so wichtig wäre. Ein Armutszeugnis für Detlef Bensmann, Anka Sommer und Isabelle Herold.
Aria und Fughetta nach Bach
Johann Sebastian Bachs Motette Komm, Jesu, komm BWV 229 schließt mit der Aria Drum schließ ich mich in deine Hände, einem choralähnlichen Satz, den ich besonders für seine harmonische Vielfalt mit nicht weniger denn fünf Kadenzstufen und sein ausgedehntes, reich verziertes Schlussmelisma liebe. Der Text des barocken Dichters Paul Thymich ist ein tief berührendes Dokument poetischer Hingabe an den Schöpfer im Angesicht des Todes – dies bewog mich, die Komposition zum Begräbnis meiner Großmutter am Anfang dieser Woche aufzuführen. Zu diesem Zweck habe ich eine dreistimmige, auf Tasteninstrumenten spielbare Fassung der Komposition angefertigt und sie durch eine knappe Fughetta über das Thema der ersten Liedzeile ergänzt. In der Hoffnung, dass der traurige Anlass seiner Entstehung die Rezeption nicht trüben möge, stelle ich das Werklein hier der geneigten Öffentlichkeit anheim.
Präsenzlehre in Pandemiezeiten
Ein anspruchsvolles Hybridsemester an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf hat begonnen. Es gibt ein tragfähiges Hygienekonzept, das ermöglicht, dass ich die meisten meiner Lehrveranstaltungen in den Fächern Satztechnik, Analyse und Gehörbildung in Präsenz anbieten kann. Für das musiktheoretische Propädeutikum, einen Einführungskurs für Studienanfänger_innen im Ergänzungsfach Musikwissenschaft an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf, verfolge ich einen zweigleisigen Ansatz: Die rund 70 Erstsemester besuchen entweder eine von drei Präsenzgruppen mit bis zu 15 Teilnehmer_innen oder nehmen an einem asynchronen Online-Lehrangebot teil, das Kurse in Teams und Moodle sowie ein OER-Tutorial auf Wiki-Basis beinhaltet. Dieses Vorgehen verschafft allen die Möglichkeit, während des Wintersemesters die gewünschten Leistungspunkte zu erwerben. Sollten die Infektionsschutzmaßnahmen wieder auf die Hochschulen ausgedehnt werden, müssten wir sämtliche Lehrveranstaltungen in Online-Formate umwandeln – angesichts der bisherigen Erfahrungen bin ich aber zuversichtlich, dass sich angemessene Lösungen für alle Kurse und Prüfungen werden finden lassen.