Die bevorstehende Reform des deutschen Urheberrechts im Zuge der Harmonisierung nationaler Gesetzgebung mit den neuen EU-Richtlinien (insbesondere der DSM-Direktive) beinhaltet einige Änderungen im UrhG und VGG, denen ich größtenteils positiv gegenüberstehe. Ein Paragraph im Gesetzentwurf irritiert mich jedoch: Verwertungsgesellschaften wie etwa die GEMA werden voraussichtlich ermächtigt werden, kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung einzusetzen. Das bedeutet, dass die Rechtewahrnehmung auch im Namen von Nichtmitgliedern und Urheber_innen, die ihre Rechte nicht per Wahrnehmungsvertrag an die Verwertungsgesellschaft übertragen haben, erfolgen kann. Dies kann zum Problem werden, wenn Urheber_innen den Einsatz von CreativeCommons-Lizenzen oder anderer freier Lizenzmodelle bevorzugen (etwa im Rahmen des operativen Modells der Kooperative C3S), oder wenn sie sich entscheiden, gar keinen Urheberschutz in Anspruch zu nehmen. In solchen Fällen werden die Urheber_innen der ›automatischen‹ Rechtewahrnehmung aktiv widersprechen müssen, um diese zu verhindern. Komponist_innen und Arrangeur_innen bzw. deren Berufsverbände scheinen noch nicht auf diese Ausweitung der sogenannten GEMA-Vermutung – oder, in anderen Worten, auf die Festigung des Monopols der GEMA als einziger deutscher Verwertungsgesellschaft für musikalische Werke – reagiert zu haben. Ich denke, dass diese Angelegenheit zumindest kontrovers diskutiert werden sollte.