Ein aktueller Artikel von Christian Höppner, Vorsitzender des Deutschen Kulturrats und Deutschen Tonkünstlerverbands sowie Generalsekretär des Deutschen Musikrats, liefert eine kompakte Analyse der derzeitigen Lage des klassischen Musikbetriebs, der in entscheidendem Maße durch die Arbeit freischaffender Künstler:innen geprägt ist, und stellt seine zahlreichen strukturellen Probleme dar – an vorderster Stelle die prekäre Einkommenssituation vieler Protagonist:innen. Der Artikel ist unter dem Titel »Aufbruch zu neuen Freiheiten?« in den Kulturpolitischen Mitteilungen erschienen und ist hier im Volltext verfügbar.
Höppner skizziert einige allgemeine Ansätze, um den gegenwärtigen Herausforderungen zu begegnen, legt sich aber nicht auf konkrete Strategien oder Handlungsempfehlungen fest, mit deren Hilfe Verbesserungen erwirkt werden könnten. Insbesondere bleibt unklar, wie die geforderte höhere gesellschaftliche Anerkennung für Kulturarbeit zu erreichen ist, und wie der grundsätzlichen Gefahr einer Deprofessionalisierung, wie sie der Autor beschreibt, begegnet werden kann. Höppner beansprucht außerdem einen erleichterten Zugang zur Künstlersozialkasse und eine Redefinition der Kategorie Arbeitslosigkeit, bezogen auf freischaffende Musiker:innen, wobei diese Schritte jeweils einer politischen Initiative bedürfen, um umgesetzt zu werden. Das bei Weitem wichtigste Desiderat scheinen verbindliche Honorarstandards für freie Musiker:innen und Musikpädagog:innen zu sein; dies bestätigt Höppner zwar, äußert sich aber nicht zu den entscheidenden Fragen, auf welche Weise entsprechende Richtlinien zu etablieren und zu durchzusetzen wären, und wie gewährleistet werden kann, dass Honoraruntergrenzen nicht umstandslos durch Auftraggeber und Auftragnehmer umgangen werden können (hierin liegt das wesentliche Problem bei den bisher existierenden Empfehlungen). Im Ganzen liefert der Artikel wenig mehr als eine Problembeschreibung, während tragfähige Handlungsstrategien und Lösungswege noch ausstehen.
Die geforderten Honorarstandards gibt es seit 2017 vom TKV Baden-Württemberg . Sie werden fortlaufend aktualisiert und auch 2022 an die Inflationsrate angenähert, sie basieren auf den Empfehlungen von ver.di und der DOV, welche jetzt schon wieder die Mindesthonorarsätze für freie Orchesteraushilfen angepasst hat. Das Umgehen der Honoraruntergrenzen liegt auch an den MusikerInnen selbst. In B-W spielt niemand unter diesen Honoraren. Die HfM Detmold hat im Januar in Kooperation mit der DOV (Hr.Olshausen ) und dem TKV BW (Anja Schlenker-Rapke) ein Online Seminar durchgeführt, das von Studierenden der ganzen Bundesrepublik frequentiert und dankbar angenommen wurde. Einfach tun, statt immer nur meckern!
Liebe Frau Schlenker-Rapke, danke für Ihren Kommentar! Die Sätze der DOV sind, auch in der kürzlich veröffentlichten Fassung, zu niedrig, da sie die betrieblichen Kosten von Soloselbständigen und den erheblichen Anteil nicht vergüteter Arbeit, der von den meisten Künster*innen geleistet wird, nicht berücksichtigen.
Mich würde interessieren, wie Sie in Baden-Württemberg gewährleisten, dass die bestehenden Vergütungsrichtlinien nicht unterboten werden. Können Sie das tatsächlich garantieren? Was passiert, wenn Sie Kenntnis von Fällen erhalten, wo Honorare oder Projektförderungen deutlich unterhalb der Empfehlungen gezahlt werden?